München (ots) – Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf den Alltag aller Menschen, auf Handel, Industrie und auch Bildung. Bei den meisten Baumaßnahmen der SWM konnten durch Puffer und kurzfristige Umplanungen mögliche Verzögerungen weitgehend aufgefangen werden. Im Kraftwerks- und Anlagenbau sind die Auswirkungen allerdings zum Teil erheblich zu spüren, so auch in München: Beim Umbau des Energiestandorts Süd an der Schäftlarnstraße geraten pandemiebedingt langfristige Zeitpläne ins Rutschen. Dadurch laufen hier mehrere Projekte Gefahr, Fördergelder zu verlieren. Finanzielle Einbußen durch Corona zusammen mit möglicherweise gekürzten oder ganz entfallenden Fördermitteln könnten eine weitere zeitliche Streckung der Projekte bedeuten. Somit würden die Klimaziele der SWM und die der Landeshauptstadt München gefährdet. Dieses Szenario droht allerdings nicht nur in München, sondern deutschlandweit, weshalb damit ebenso die deutschen und europäischen Klimaziele im Feuer stehen.
Umbau des Energiestandorts Süd verzögert sich
Das Heizkraftwerk (HKW) Süd ist Münchens ältester konventioneller Erzeugungsstandort. Im Jahr 2016 haben die SWM die umfangreiche „Standortentwicklung am Erzeugungsstandort HKW Süd“ gestartet. Damit wird der Standort fit für die Herausforderungen der modernen Energiewelt gemacht. Aktuell modernisieren die SWM hier zwei Gas- und Dampfturbinenanlagen (GuD). Weitere, neue Anlagen sind im Bau: Die größte Geothermieanlage Deutschlands, ein Energiespeicher (Heißwasserspeicher) sowie eine Fernkälteanlage, die mit Wärme aus Geothermie und den klimaschonenden Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen betrieben werden kann.
Mit dem Beginn der Pandemie musste der ursprünglich für 2020 vorgesehene Baubeginn für die GuD2 auf 2021 verschoben werden: Wesentliche Anlagenteile konnten pandemiebedingt nicht rechtzeitig geliefert werden, da Herstellerwerke, etwa in Frankreich, Italien und China Lockdown-bedingt geschlossen waren. Zudem stand Montagepersonal aus dem Ausland nicht wie geplant zur Verfügung, da es aufgrund geschlossener Grenzen nicht einreisen konnte.
Schäden in Millionenhöhe
Aufgrund der Terminverschiebung für die GuD2 und den damit einhergehenden erheblichen Mehrkosten in Millionenhöhe, mussten in der Folge auch die Projektabläufe für alle anderen Projekte wie GuD1, GuD2 und der Kälteerzeugung optimiert bzw. beschleunigt werden. Die Kosten aus dem daraus resultierenden Effektivitätsverlust in den Bauabläufen können bisher noch nicht beziffert werden. Aufgrund baustellenbedingter Vorgaben musste auch die Erstellung des Wärmespeichers verschoben werden.
Einzelne Maßnahmen, die unabhängig von den Verschiebungen durchgeführt werden konnten, wurden durch auftretende Coronafälle, Einreisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen sowie den erforderlichen Hygienemaßnahmen erheblich behindert. Aktuell führen pandemiebedingte Einreiseverbote – z. B. aus dem vereinigten Königreich – nach wie vor zu Behinderungen und weiteren Verzögerungen. Besonders stark wirkt sich das auf die Inbetriebnahme der neuen Geothermieanlage aus.
Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer: „Insbesondere vor dem Hintergrund auslaufender Förderprogramme für die Energieerzeugung ist zu hoffen, dass die Hygienemaßnahmen und eine schnelle Umsetzung der vorgesehenen Impfungen eine termingerechte Fertigstellung ermöglichen. Ansonsten ist zu erwarten, dass Termine nicht eingehalten werden können und der Corona-bedingte Schaden dadurch noch größer wird.“
Förderzeiträume ausweiten, um die Energiewende zu sichern
Die Corona-Krise hat planmäßige Abläufe von Kraftwerksprojekten, die die Dekarbonisierung der Energieversorgung vorantreiben, massiv gestört und verzögert. Die Auswirkungen gefährden die geplanten Dauerinbetriebnahme-Termine der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen vor dem Stichtag 31.12.2022. Damit sind die fest einkalkulierten Entgelte für dezentrale Erzeugung (vermiedene Netznutzungsentgelte – vNNE), aber auch die Förderungen für bereits in Betrieb genommene Fernwärmeleitungen über das KWKG gefährdet, da diese an spezielle Fertigstellungsfristen gebunden sind.
Helge-Uve Braun: „Abhilfe könnte hier ein Aufschub für die Stichtagsregelungen um 12 Monate für nachweislich coronabedingt verzögerte Projekte leisten. Ein solches Moratorium ist europarechtlich unbedenklich und gleichzeitig klimapolitisch, energiepolitisch sowie ordnungspolitisch sinnvoll und geboten. Diese Lösung für die vNNE und für die KWKG-Förderung für Fernwärmeleitungen entspräche den Corona-Moratorien bei Regelungen zu Erneuerbaren Energien. Diese sind bereits im ‚Gesetz zur „Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes 2017 und weiterer energierechtlicher Bestimmungen‘ im vergangenen Mai umgesetzt worden. Die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die mit ihrer Fernwärme-Auskopplung derzeit den Löwenanteil der klimaschonenden Energieversorgung tragen, verdienen hier eine gleichwertige Behandlung.“
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