Mainz (ots) – Sie sind smart, klug und argumentationsstark. Die jungen Mitglieder der Identitären Bewegung Deutschland (IBD). Mit „rechtsextremen Dumpfbacken“ und „Tattoo-Trägern in Springerstiefeln“ haben sie nichts gemein, Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung lehnen sie ab. Der Verfassungsschutz stuft sie jedoch nach dreijähriger Prüfung als rechtsextremistisch ein. Zentrale Positionen der Identitären Bewegung Deutschland sind danach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das SWR Fernsehen zeigt mit „Vergiftete Heimat – Die netten Rechten von nebenan“ eine Dokumentation über die IBD am Mittwoch, 14. April 2021, ab 21 Uhr in der Reihe „betrifft“.
In Erscheinung tritt die neue rechte Jugendbewegung vor allem im Internet. Mit professionell gemachten Videoclips ihrer spektakulären Aktionen nimmt die IBD ideologisch Einfluss vor allem auf junge Net-User. Dabei nutzt sie Plattformen und Blogs, um ihre rechtsextremen Botschaften einem jungen Publikum nahe zu bringen. So sehr sie jedoch über das Internet die Öffentlichkeit suchen, so sehr entziehen sich die „netten Rechten von nebenan“ persönlich der Presse und einer kritischen Berichterstattung geradezu konspirativ.
Exklusive Einblicke in die Gedankenwelt der Identitären Bewegung
Zum ersten Mal ist es einem Reporter-Team gelungen, Einblicke in das Denken und Handeln der neuen jungen Rechten zu bekommen und einige ihrer Protagonisten länger zu begleiten. Über zwei Jahre recherchierte ein Team von FF Framework TV im Milieu der Identitären Bewegung Deutschlands und lernte Aktivistinnen und Aktivisten kennen, die sich kritischen Fragen stellten. So konnte exklusiv für den SWR eine Dokumentation aus dem Kernbereich der IBD realisiert werden. Gedreht wurde u. a. bei einem Seminar der Identitären Bewegung auf Schloss Ebersberg bei Stuttgart. Die Reporter erfuhren, was der IBD der „Erhalt der ethnokulturellen Identität“, „Patriotismus und Heimatliebe“, „Remigration“, Kontrolle über das eigene Staatsgebiet tatsächlich bedeutet.
Neue Form rechtsextremen Auftretens
Auch bei Protestaktionen und in einer Identitären Wohngemeinschaft in Halle wurde gefilmt. Dabei wurde deutlich, dass sich hier eine völlig neue Form rechtsextremen Auftretens manifestiert und viele Klischees überholt sind. Rechtsextremistisch hatte immer auch den Beigeschmack von reaktionär, brutal, tumb, verstaubt. Das trifft auf die Gruppe nicht zu. Mit ihrem modernen und hippen Auftreten schafft sie es, immer mehr junge Intellektuelle anzusprechen, auch Gymnasiast*innen und Student*innen, die sich als die neue kommende rechte Elite definieren.
Analysieren und Kopieren politischen Repertoires
Die IBD greift bei ihren Protesten auf das politische Repertoire der Linken und Öko-Bewegung zurück. Aktionen und Provokationen der Studentenbewegung der 1960er Jahre, der linksradikalen Sponti-Szene der 1980er Jahre oder auch von Greenpeace werden analysiert und kopiert. Während der Dreharbeiten fiel immer wieder auf, dass auch viele junge Frauen in der IBD aktiv sind. Modern gekleidet, selbstbewusst. Ihr Anspruch: feminin und wehrhaft zugleich. Eine Botschaft, die sie auch mit Videoclips verbreiten. Mit provozierenden Auftritten transportieren sie ein völkisches Weltbild, in dem der Islam zur Gefahr für deutsche Frauen wird.
Gesellschaftliches Vakuum wird genutzt
Der Verfassungsschutz hält die IBD für eine rechtsextreme Organisation und Politologen sind sich einig, dass die rechte Bewegung ein gesellschaftliches Vakuum nutzt, um es mit völkischen und ausländerfeindlichen Positionen zu füllen. Die demokratische, bürgerliche Mehrheit habe Probleme mit dem Umgang von identitätsstiftenden Begriffen wie Heimat, Nation und Vaterland. Das bestätigen systematische Meinungsumfragen des Allensbach-Instituts. Danach sagen 40 Prozent der Deutschen, es sei heikel, öffentlich das Thema Patriotismus zu behandeln.
Die Dokumentation zeigt die Kluft in der Gesellschaft, die tabuisierten Begriffe „Heimat“, „Vaterland“ oder „Nation“ als heikel zu betrachten und mitzuerleben, wie neurechte Bewegungen wie die IBD das Thema nach rechts verschieben. Politologen und Experten nehmen Stellung dazu. Ein Film von Rainer Fromm und Udo Frank.
Programmtipp
„Betrifft: Vergiftete Heimat – Die netten Rechten von nebenan“ am Mittwoch, 14. April 2021, 21 Uhr im SWR Fernsehen. Danach ist der Film für zwölf Monate in der ARD Mediathek abrufbar unter ardmediathek.de
Informationen, kostenloses Bildmaterial und weiterführende Links unter: http://swr.li/betrifft-vergiftete-heimat
Newsletter „SWR vernetzt“: http://x.swr.de/s/swrvernetztnewsletter (https://www.swr.de/unternehmen/kommunikation/newsletter-anmeldung-swr-vernetzt-100.html)
Außerdem auf dem SWR Doku-Kanal bei Youtube unter www.youtube.com/swrdoku
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