Brüssel (ots) – Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) hat die Europäische Union aufgefordert, den Patentschutz für Impfstoffe gegen das COVID-19-Virus vorübergehend auszusetzen, um die rasche Ausbreitung der Pandemie einzudämmen.
Der Ausschuss der Regionen – die Versammlung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der EU – fordert als erste EU-Institution eine Aussetzung des Patentschutzes. Der momentan starke Anstieg der Infektionen auf anderen Kontinenten erhöht den Druck für eine Aussetzung von Patentschutzrechten, um so die Impfstoffherstellung maximal zu steigern und einen gerechten Zugang zu Impfstoffen sicherzustellen.
Apostolos Tzitzikostas (https://cor.europa.eu/de/about/president), Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen und Gouverneur der griechischen Region Zentralmakedonien, erklärte: „Die medizinische Grundversorgung ist ein elementares Menschenrecht. Wir erleben derzeit die weltweit größte Gesundheitsbedrohung seit Generationen. Für Impfnationalismus darf es keinen Platz geben. Die Europäische Union muss weiterhin mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie alle Bürgerinnen und Bürger schützt und keine Region, keine Stadt und kein Gebiet zurücklässt. Mit Unterstützung durch EU-Mittel haben Wissenschaftler, die Industrie und die Zulassungsbehörden Herausragendes geleistet und so rasch wirksame Behandlungsmöglichkeiten entwickelt. Die Europäische Union muss beweisen, dass sie zu Solidarität und ihren Werten steht, indem sie für eine vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes für COVID-19-Impfstoffe sorgt und die Impfstoffherstellung ausweitet, um auf der ganzen Welt zu helfen.“
Der Vorschlag wurde im Rahmen einer Entschließung zur Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (digitales grünes Zertifikat) und zur Ausweitung der Impfstoffherstellung (https://memportal.cor.europa.eu/Handlers/ViewDoc.ashx?doc=COR-2021-01992-00-01-PRES-TRA-DE.docx) gemacht, die der Ausschuss am 6. Mai erörtert und am 7. Mai verabschiedet hat. In der Entschließung vertritt der AdR die Ansicht, „dass die Europäische Union zur Ausweitung der Impfstoffproduktion neue Lösungswege ausloten könnte, bspw. eine vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes für Arzneimittel und Medizintechnik zur Behandlung oder Verhütung von COVID-19-Infektionen“.
Ximo Puig i Ferrer (https://cor.europa.eu/DE/members/Pages/memberprofile.aspx?MemberId=2033204) (ES/SPE), Präsident der Regionalregierung von Valencia, unterstützte maßgeblich die Forderung nach einer Aussetzung des Patentschutzes. Auf der AdR-Plenartagung betonte er: „Die Pandemie hat schon mehr Menschenleben gekostet als die Schlachten von Verdun und Stalingrad und ist noch nicht vorbei. Um sie zu besiegen, brauchen wir jährlich Milliarden Impfdosen für die gesamte Weltbevölkerung. Deshalb muss Europa dafür sorgen, dass die großen Pharmaunternehmen ihren Lieferverpflichtungen nachkommen. Wir müssen die Kapazitäten für die Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen ausweiten. Zu diesem Zweck habe ich verschiedene Optionen ins Gespräch gebracht, wie z. B. die vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes, Entschädigungszahlungen für die Laboratorien im Falle von Zwangslizenzen oder die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen, um die Produktion zu steigern. Wir können das, was in der Vergangenheit auf den Schlachtfeldern von Stalingrad oder Verdun passiert ist, nicht mehr ungeschehen machen, jetzt aber haben wir noch Zeit, diese menschliche Tragödie zu mildern.“
Die Vereinigten Staaten haben am 5. Mai angekündigt, in der Welthandelsorganisation Verhandlungen zur Lockerung des Patentschutzes von Pharmaunternehmen einleiten zu wollen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte am 6. Mai, dass die Europäische Union „bereit [ist], jeden Vorschlag zur wirksamen und pragmatischen Bewältigung der Krise zu diskutieren“.
In einer vom Europäischen Ausschuss der Regionen im vergangenen September in Auftrag gegebenen Umfrage (https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/EURegionalBarometer-Survey.aspx) wurde festgestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften mehr vertrauen als der EU oder ihren nationalen Regierungen. Außerdem wünschten sie sich besonders für den Bereich der Gesundheit mehr Einflussmöglichkeiten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften auf die Entscheidungen der EU.
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