Weltstillwoche[1] vom 4. bis 10. Oktober 2021 / Die Münchner Hebamme und Heilpraktikerin Erzsébet Reisinger gibt praktische Tipps / Stillen: So geht es gut für Mutter und Kind - Bsozd.com

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Karlsruhe (ots) – Es ist die natürlichste Sache der Welt und eine geniale Erfindung der Natur: Kommen Kinder auf die Welt, können ihre Mütter, soweit sie selbst gesund sind, ihnen vom ersten Tag an die allerbeste Nahrung zur Verfügung stellen: die Muttermilch. Babys und Mütter profitieren auf allen Ebenen vom Stillen[2]. Doch nicht immer klappt das Stillen auf Anhieb. Auch später während der Stillzeit kann es zu Problemen kommen. Was Mütter beim Stillen beachten sollten und wie die Homöopathie sie unterstützen kann, erklärt die Münchner Hebamme und Heilpraktikerin Erzsébet Reisinger.

Wie gut sind Mütter in Deutschland über das Stillen informiert?

Die Frauen sind überwiegend gut informiert. Werdende Mütter haben in Deutschland Zugang zu von den Krankenkassen finanzierten Geburtsvorbereitungskursen. In diesen wird auch das Thema Stillen behandelt.

Können Mütter direkt nach der Geburt ihres Babys Muttermilch geben?

Während der Schwangerschaft nimmt die weibliche Brust an Größe zu und entwickelt sich für die Stillzeit. In der Regel entwickelt sich in der Brust eine Vormilch, mit der das Neugeborene in den ersten Tagen perfekt versorgt werden kann, bis es zum eigentlichen Milcheinschuss kommt. Der Magen des Neugeborenen ist zunächst so klein und die Vormilch so reich an Nährstoffen, dass 5 ml pro Mahlzeit in den ersten Tagen genügen.

Was gibt es beim Stillbeginn zu beachten?

Legen Sie das Neugeborene in den ersten Tagen möglichst häufig an. Ideal sind 8-12 Stillmahlzeiten am Tag. Das häufige Anlegen beim Stillbeginn ist wichtig für eine ausreichende Anbahnung der Milchbildung sowie eine adäquate kindliche Gewichtszunahme ist . Das Umfeld ist gefragt: Der Partner oder andere vertraute Angehörige/Personen sollten sie unterstützen und das Drumherum organisieren, damit sie sich in aller Ruhe dem Baby und Stillen widmen kann. Ist die Mutter angespannt, spürt es das Kind sofort, es reagiert darauf wie ein Seismograph. Kann die Mutter gelassen bleiben, weil sie selbst rundum gut versorgt und verwöhnt wird, überträgt sich das auch auf das Kind. Und keine Sorge, wenn es beim Stillen zunächst nicht so glatt läuft. Ich vergleiche es gerne mit dem Tanzen. Ein Paar lernt durch die Erfahrung, harmonisch miteinander über das Parkett zu gleiten. Und so müssen sich auch Mutter und Baby aufeinander einspielen. Fast jede Mutter wird einigen Wochen zur versierten Stillmutter.

Muss ich während der Stillzeit auf meine Ernährung achten?

Da ich alles, was ich zu mir nehme, über die Muttermilch in geringerem Maße an mein Kind weitergebe, sollte ich mich möglichst gesund und ausgewogen ernähren. Alkohol und Zigaretten sind tabu.

Und wie steht es mit Medikamenten?

Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten sollten Mütter mit Arzt und ihrer Hebamme absprechen. Geht es um die Behandlung von leichteren Beschwerden, empfehle ich sehr gerne die Homöopathie. Die sanfte Medizin regt die Selbstheilungskräfte des Körpers an – meiner Erfahrung nach meistens ohne unerwünschte Nebenwirkungen auf Mutter oder Kind. Deshalb spielt die Homöopathie in meiner Arbeit eine große Rolle.

Wie viele homöopathische Mittel haben Sie in Ihrem Hebammenkoffer denn dabei?

Meist so um die zwanzig unterschiedliche homöopathische Mittel.

Können Sie uns ein paar Beispiele nennen, bei welchen Beschwerden Sie die Homöopathie empfehlen?

Bei den Müttern können das z. B. mangelnde Milchbildung, aber auch Milchstau, nervöse Beschwerden, wunde Brustwarzen oder Rückbildungsstörungen sein. Aber auch bei, Zahnungsbeschwerden, einem wunden Po oder Unruhe beim Baby können die passenden homöopathischen Mittel unterstützen. Auch wenn z. B. ein Geschwisterkind eifersüchtig auf das Neugeborene reagiert, kann Homöopathie Einsatz finden.

Wann raten Sie der Mutter, lieber sofort einen Arzt aufzusuchen?

Wird z. B. ein Milchstau nach 24 bis 48 Stunden nicht besser, kann es zu anhaltendem Fieber, Schmerzen und einer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens kommen. Akute Bauch- oder Kreislaufbeschwerden oder starke Blutungen sollten unbedingt immer von einem Arzt abgeklärt werden.

Nehmen Frauen die Homöopathie gerne an oder gibt es da Bedenken?

Ich mache überwiegend gute Erfahrungen und stoße auf ein großes Interesse. Selbst Ärzte sind immer offener dafür, es auch mal mit der sanften Homöopathie zu versuchen. Ich bin sehr froh, dass Homöopathie und Schulmedizin sehr gut Hand in Hand arbeiten können. Natürlich wirkt nicht jedes Mittel bei jeder Frau gleich gut. Es ist wichtig, das individuell passende Mittel zu finden, da ist eine gewisse Selbstbeobachtungsgabe und Achtsamkeit gefragt. Aber das üben junge Mütter nach der Geburt ja sowieso intensiv durch die feine Aufmerksamkeit für ihr Baby. Meist können sie mir als Hebamme ihre Beschwerden oder die des Babys detailliert beschreiben und das macht es mir leicht, das passende Mittel zu finden.

Wie sind Sie als Hebamme denn zur Homöopathie gekommen?

Das war vor rund 30 Jahren. Ich betreute eine Mutter mit Baby und das Kind litt sehr häufig unter Bauchweh. Jemand empfahl mir ein bestimmtes homöopathisches Mittel und es half sofort. Jedes Mal, wenn das Kind Bauchschmerzen plagten und wir ihm die verordneten Globuli gaben, wurden die Bauchschmerzen gelindert. Das hat mich überzeugt und neugierig gemacht. Ich begann, mich intensiver mit der Homöopathie zu beschäftigen und lernte dann bei dem Lübecker Geburtshelfer und Homöopathen Dr. Friedrich Graf.

Haben Sie noch einige praktische Tipps für stillende Mütter?

Wärmen Sie Ihre Brust vor dem Stillen mit einem warmen Brustumschlag an. Machen Sie eine sanfte Brustmassage und streichen Sie dabei etwas Milch aus. Diese können Sie hervorragend zur Babypflege nutzen, um z. B. trockene Säuglingshaut oder den empfindlichen Nabel und Po zu pflegen.

Legen Sie das Baby erst auf einer Seite an. Wenn es nach ca. 10 bis 15 Minuten schläfrig wird, nutzen Sie diese Schläfrigkeit, um es zu wickeln und so sanft zu wecken, bevor Sie es dann an der anderen Brust erneut anlegen. Beim nächsten Stillen mit der anderen Brust beginnen.

Nach dem Stillen die Brüste mit einem kühlen Umschlag beruhigen. Und auch selbst ruhen, denn Stillen ist anstrengend.

Abpumpen ist eine gute Sache, um den Milcheinschuss zu fördern. Ich komme aus Ungarn und bei Ungarinnen ist es Tradition, täglich einmal pro Tag Milch abzupumpen. Mit der so gewonnenen Milch können auch die Väter dann in den Stillprozess mit einbezogen werden, ihr Kind mal füttern und die Mutter entlasten.

[1] Die Weltstillwoche ist eine u.a. von UNICEF und WHO initiierte weltweite Kampagne, die sich für den Schutz, die Förderung und die Unterstützung des Stillens einsetzt. Sie wird seit 1991 in über 120 Ländern begangen. In Deutschland findet die Stillwoche – abweichend vom internationalen Termin – stets in der 40. Kalenderwoche statt, im Jahr 2021 also vom 4. bis 10. Oktober. Mehr unter https://www.hebammenverband.de/aktuell/aktionen/weltstillwoche/

[2] Über die Muttermilch wird ein Baby mit allem, was es braucht versorgt. Zudem schenkt das Anlegen an die Brust dem Neugeborenen Nähe, Vertrauen und Sicherheit. Stillen ist zudem Gesundheitsprävention pur. Untersuchungen (z.B. Bartick, MC, Schwarz, BE, Green, BD, Jegier, BJ, Reinhold, AG, Colaizy TT et al. Suboptimal breastfeeding in the United States: Maternal and pediatric health outcomes and costs. Matern Child Nutr. 2017 ;1-13.) zeigen, dass sich Schwere und Häufigkeit vieler Krankheiten im Kleinstkinderalter wie z. B. Mittelohrentzündungen, Magen-Darm-Infektionen, Bronchitis und Lungenentzündung durch optimales Stillen reduzieren lassen. Aber auch die Mütter profitieren, emotional wie gesundheitlich.

Zur Person

Erzsébet Reisinger ist frei praktizierende Hebamme und Heilpraktikerin in München. Die gebürtige Ungarin war 11 Jahre an der Universitäts-Frauenklinik in Budapest, 4 Jahre am Martin-Luther-Krankenhaus in Bochum und 11 Jahre an LM-Universität I. Frauenklinik in München als Hebamme, davon 10 Jahre auch als Lehrhebamme tätig. Zusätzlich hat sie eine dreijährige Vollzeitausbildung zur Heilpraktikerin gemacht, ist medizinisch geprüfte Ernährungsberaterin, geprüfte Präventologin und LOGI-Trainerin. In München hat sie eine eigene Praxis, in deren Mittelpunkt die Gesundheitsförderung und Prävention für Kinder und Familien steht. www.hebamme-berg-am-laim.de.

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