Ab Oktober 2022 soll der Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde steigen (statt der bisher ab Juli vorgesehenen 10,45 Euro). Auf die Rente hat das oft weniger positiven Einfluss als gewünscht.
Der Bundesverband der Rentenberater e.V. zeigt, warum sich der neue Mindestlohn für manche weniger auf die Rente auswirkt als gedacht.
Die Ampel-Koalition in Berlin will die Erhöhung des Mindestlohns als einen der wichtigsten Punkte aus ihrem Koalitionsvertrag zügig umsetzen. Ab Oktober 2022 sollen mindestens 12 Euro pro Stunde gezahlt werden (statt der bisher ab Juli vorgesehenen 10,45 Euro).
„Dass der Stundenlohn um knapp 15 % für diejenigen angehoben wird, die am wenigsten verdienen und oft am meisten verdient hätten, ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.“, sagt Thomas Neumann, der Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater e.V.
Für Berufstätige mit 40 Wochenstunden würde daraus ein Gehalt von 2.080 Euro brutto im Monat resultieren. Aus Sicht der Rentenversicherung wäre es ein Einkommen in Höhe von rund 59,7 % des Durchschnittsentgelts, aus dem sich rückblickend Rentenpunkte und Rente ableiten lassen.
Auswirkungen auf die Rente
Wenn wir davon ausgehen, dass der Mindestlohn bei Vollzeitbeschäftigung auch in Zukunft 59,7 % des Durchschnittsentgelts beträgt, kämen Beschäftigte mit dem neuen Mindestlohn nach 45 Beitragsjahren auf eine Monatsrente von 1.131 Euro (mit heutigem Rentenwert). Darin enthalten wäre ein Grundrentenzuschlag von 213 Euro. Nach Abzug von Beiträgen für Kranken- und Pflegeversicherung blieben als Rente derzeit ziemlich genau 1.000 Euro im Monat übrig.
Zum Vergleich die entsprechende Rente, wenn es bei 10,45 Euro Mindestlohn bzw. dem korrespondierenden Verhältnis zum Durchschnittsentgelt bliebe: 1.093 Euro Rente brutto bzw. 966 Euro nach Abzug der Sozialabgaben.
Das Ergebnis verblüfft: Der Anstieg des Mindestlohns um rund 15 % erhöht die daraus resultierende Rente nur um etwa 3,5 %. „Der Schuldige“ für dieses Missverhältnis ist die Berechnungsweise der zum Januar 2021 eingeführten Grundrente. Etwa ¾ einer höheren Rente aufgrund des Mindestlohnanstiegs gehen durch einen gegenläufigen, d.h. niedrigeren Grundrentenzuschlag verloren.
Dieser „Kannibalisierungseffekt“ wäre sogar noch größer, wenn weniger als 45 Beitragsjahre zugrunde gelegt würden. Dann können bis zu 87,5 % der zusätzlichen Rentenbeiträge der Niedrigverdienenden für die eigene Rente „vergeblich“ sein.
Ausgesprochen erfreulich wirkt der zukünftige Mindestlohn von 12 Euro dagegen in Kombination mit der Grundrente auf Beschäftigte in Teilzeit, die etwas mehr als 20 die Woche für 12 Euro arbeiten. Wer beispielsweise 22,5 Wochenstunden für 12 Euro statt 10,45 Euro arbeitet, würde seine daraus nach 35 Beitragsjahren resultierende Rente (einschließlich Grundrentenzuschlag) von 350 auf 753 Euro brutto im Monat mehr als verdoppeln, obwohl der zugrundeliegende Stundenlohn sich nur um knapp 15 % erhöht.
„Entsprechend herausfordernd sind einfache Aussagen zur Auswirkung des neuen Mindestlohns auf die Rente!“, konstatiert Andreas Irion, Mindestlohn- und Grundrentenexperte im Vorstand des Bundesverbandes der Rentenberater. „Der Beratungsbedarf steigt für beide Gruppen: Sowohl für diejenigen mit niedrigem Verdienst als auch für die verantwortlichen Politiker!“
Rentenberaterinnen und Rentenberater stehen den Versicherten bei diesen komplizierten Berechnungen als unabhängige Experten zur Seite. Unter www.rentenberater.de finden Betroffene Unterstützung in ihrer Region.
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