Was haben Belgien und Argentinien gemeinsam? Die Ausstellung „Belgien-Argentinien, Transatlantische Moderne“ beleuchtet die künstlerisch reziproken Beziehungen zwischen den beiden Ländern …
Das belgische Ostende zieht durch das Jahr zahlreiche Besucher auch aus Deutschland an die Nordsee. Die frische Meerbrise, deftiges Essen gehören dabei zu den Vorlieben der Gäste. In der letzen Dekade mauserte sich das Seebad zudem in eine moderne, weltoffene und lebendige Stadt mit der anziehenden Atmosphäre vergangener Zeiten, die überall gegenwärtig ist.
„Es ist der perfekte Ort für einen Tagesausflug, einen Städtetrip oder einen Strandurlaub! Dabei sollte der künstlerisch-kulturelle Aspekt auf keinen Fall außer Acht gelassen werden“, meinen Christian Bauer und Dieter Topp.
Zum Beispiel das Mu.ZEE
In einem Ostender Kaufhausgebäude befanden sich vormals eine Apotheke und eine Bier-Abfüllanlage, erweitert durch Schuhe, Kleidung und Lebensmittel. Nach der Insolvenz von 1981 öffneten sich die Türen 1986 für ein Landesmuseum für Moderne Kunst. Die Geschäftsräume verschwanden und machten musealen Räumen Platz. Zum Glück behielten sie den architektonischen Charakter ihrer merkantilen Vergangenheit.
In den 2000er Jahren fand das Landesmuseum für Moderne Kunst seinen Platz im ehemaligen Kaufhaus. Schließlich wurde vor etwas mehr als einem Dutzend Jahren ein neues Museum unter dem Namen Mu.ZEE etabliert.
Das Haus beherbergt seit 2008 historisch verschiedene Kunstwerke u.a. der Stadt Ostende und der Flamen Gemeinschaft. Die Mu.ZEE-Sammlung umfasst heute mehr als 8000 Werke unterschiedlicher Epochen und Stile, wobei stets Belgien der rote Faden ist. Sie enthält Werke mit internationaler Ausstrahlung, von Ostender Berühmtheiten wie Ensor, Spilliaert und Permeke bis hin zu Pionieren wie Frits Van den Berghe, Roger Raveel, Raoul De Keyser, Raoul Servais und weniger bekannten, aber starken Künstlern wie Marthe Wéry, Jacques Verduyn und Walter Swennen. Alle wurden aufgrund ihres Beitrags zur Geschichte und Entwicklung der belgischen Kunst ausgewählt, Übrigens war Belgien immer auch ein Zufluchtsort für Künstler, die einander und die Welt auf einer sehr visuellen Ebene kritisch beobachteten.
Diese Kunsthistorie wird durch eine außergewöhnliche, jedoch zeitlich befristete Ausstellung „Belgien-Argentinien, Transatlantische Moderne“ erweitert, die die künstlerisch reziproken Beziehungen zwischen Belgien und Argentinien von 1910 bis 1958 untersucht. Sie konzentriert sich auf ein Künstlernetzwerk, bestehend aus drei Personen, die entweder direkt oder indirekt miteinander in Kontakt standen.
Das sind der belgisch-argentinische Künstler Julio Payro, den eine lebenslange Freundschaft mit Paul Delvaux verband, der belgische Künstler Victor Delhez, der nach dem Tod seiner Eltern nach Argentinien emigrierte, und der argentinischen Anwalt Ignacio Pirovano, ein Freund Vantongerloos und Sammler seiner Werke.
Kuratiert von Juan Cruz Andrada, Adriaan Gonnissen, Laurens Dhaenens und Emma Driesprong kamen meisterliche Arbeiten der Elite von Belgiens und Argentiniens Moderne im Mu.Zee zusammen, darunter Victor Delhez, Frans Masereel, Marthe Donas, Paul Delvaux, Georges Vantongerloo, Anne Bonnet, Jo Delahaut und Alejandro Xul Solar, Emilio Pettoruti, Raquel Forner, Tomas Maldonado, Victor Magariños und Juan Del Prete.
„Zum Ausgangspunkt nahmen wir dabei die Gründung des ebenfalls Ostende genannten Badeortes in Argentinien (360 km südlich von Buenos Aires) durch zwei belgische Einwanderer im Jahr 1910 mit dem anschließenden kulturellen Austausch von Werken dieser Zeit“, so Laurens Dhaenens von der Universität Leuven. „Die bilaterale künstlerische Beziehung zwischen Belgien und Argentinien zeigen wir aus einer neuen Perspektive, die – je tiefer wir eindrangen – einen wenig bekannten, einmaligen Kunstschatz zu Tage förderte. Dieser wurde dann untersucht und Teil eines umfangreichen wissenschaftlichen Projekts an der Universität Leuven“, so der Kurator weiter.
Die sehenswerte Ausstellung ist noch bis Mitte Juni 2022 offen und absolut empfehlenswert, auch da sie aus technischen Gründen nirgendwo anders mehr gezeigt werden kann.
Weitere Informationen unter www.muzee.be
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