Stefan G. Rohr gibt in einem persönlichen Interview interessante Einblicke in seine Welt als Autor.
Jüngst trafen sich Radio-, TV- und Eventmoderator Frank Ackermann und Romanautor Stefan G. Rohr für ein persönliches Interview. Ackermann hatte bereits seit einiger Zeit das Vorhaben, den Schriftsteller, der sich vor kurzem in Bad Ems an der schönen Lahn, der Heimatstadt des Moderators, niedergelassen hatte, für ein solches Gespräch zu gewinnen. Nun war es also soweit, und es sollte überraschend werden. Für beide.
Ackermann: „Lieber Herr Rohr, was ich schon immer mal wissen wollte: Wie schreibt man eigentlich einen Roman?“
Rohr: „Es gibt verschiedene Techniken dafür. Nur diese beherrsche ich leider nicht. Und selbst wenn, so würde ich kaum davon abweichen wollen, wie ich es bisher gemacht habe.“
Ackermann: „Sie machen es spannend. Wollen Sie mir nicht Ihr Geheimnis verraten?“
Rohr: „Geheim ist da gar nichts. Und ein Buch zu schreiben ist auch keine Raketenwissenschaft. Für mich gab es bisher nur zwei Methoden. Das hört sich nun gleich wieder sehr methodisch an, ist es aber mitnichten. Bei der Hälfte meiner Romane hatte ich eine rudimentäre Idee für eine Erzählung im Kopf. Nichts weiter. Mit dieser setzte ich mich vor den Computer und legte los. Kapitel für Kapitel. Der Weg war das Ziel, und die Story dann erzählt. Fertig!“
Ackermann: „Verraten Sie mir ein Beispiel dafür?“
Rohr: „Gerne. Bei meinem „Sam“ (Anm. d. R.: Hauptfigur im Roman „Das geliehene Glück des Samuel Goldman“) zum Beispiel war der Gedanke für diesen Roman, einen Protagonisten zu haben, der anderen Menschen Glück bringt. Ganz profan vielleicht ein Lotteriemitarbeiter, der Glücksbotschaften an die Haustüre bringt. Was daraus dann geworden ist, nachdem ich diesen Ansatz nach kurzer Überlegung völlig anders ausgelegt habe, kann ja nun im Ergebnis nachgelesen werden. Wer Samuel Goldman wirklich wurde, was ihm und anderen passieren sollte, das war mir noch nicht einmal bei der Hälfte des Manuskriptes klar. Und das Ende, lieber Herr Ackermann, das Ende, diese völlig überraschende Wendung im Roman, das erfand ich tatsächlich erst fast ganz am Schluss…“
Ackermann: „… womit Sie sich tatsächlich selbst überrascht haben?“
Rohr: „Ja, exakt. In Bezug auf alle meine Erzählungen ist der Schluss aber ohnehin zunächst offen.“
Ackermann: „Klingt schwierig, aber auch echt spannend! Und wie ist die andere Methode von der Sie sprachen…?“
Rohr: „Umgekehrt. Die komplette Geschichte entsteht nach und nach im Kopf. Wie ein Gedankenskript. Virtuell, sozusagen. Bin ich der Meinung, die Story ist „druckreif“, dann tippe ich sie kurzerhand in den Computer. Wieder fertig.“
Ackermann: „Klingt zwar weniger aufregend, dafür aber nachvollziehbarer. Und ich stelle mir dabei vor, dass Sie überall Zettel und Gedankennotizen an den Wänden und Fenstern kleben haben, damit Sie die Geschichte auch nicht wieder auf halbem Wege vergessen.“
Rohr (lacht): „Viel zu kompliziert, lieber Herr Ackermann. Wie ich schon sagte, der ganze Roman entsteht nur in meinem Kopf. Jeder Charakter, jedes Detail. Papier und ein „Storyboard“ wäre mir viel zu mechanisch. Nur der Schluss eben, das Finale, das ist eine Intuition, die sich in meinem Herzen entwickelt, mich emotional berührt und mich so überzeugt, dass der Abschluss einer ist, der der Geschichte noch den wirklichen tiefen Sinn verleiht.“
Ackermann: „Gestehen Sie mir gerade, dass Sie selbst bei Ihrem Buchende weinen?“
Rohr: „Das brauche ich nicht gestehen. Es ist ja nicht verboten, wenn Gefühle, denen man Worte verleiht, einen selbst einnehmen. Das sollte übrigens in Sachen Humor nicht anders sein. Wenn Sie selbst als Autor nicht lachen müssen, wie sollen es die Leser dann tun?“
Ackermann: „Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber zugleich auch bin ich etwas enttäuscht. Ich hatte mir erhofft, Sie geben mir das Dutzend an Regeln auf, mit denen ich sicher und erfolgreich selbst ein Buch verfassen kann.“
Rohr: „Sie können auch ohne Regeln Ihren Roman schreiben, lieber Herr Ackermann. Und vielleicht wird dieser sogar ein Bestseller. Wer weiß? Jeder kann das, jeder kann ein Buch schreiben. Nur bin ich der Auffassung, dass es nicht gleichermaßen jeder auch tun sollte.“
Ackermann: „Fürchten Sie etwa zu viel Konkurrenz?“
Rohr (lacht laut): „Oh, gewiss nicht. Bei sechsstelligen Zahlen an jährlichen Neuerscheinungen nur im deutschsprachigen Raum kommt es auf ein paar mehr oder weniger nicht an. Mir wäre es lediglich lieber, dass sich nicht jeder berufen fühlt, seine Geschichte der Welt zur Verfügung stellen zu wollen. Vielleicht erst einmal selbstkritisch hinterfragen, ob die ‚Geschichte der Menopause meiner Hauskatze‘ wirklich literarische Bedeutung erzielen kann, hiernach das begonnene Manuskript erstmal neutrale Menschen lesen lassen.“
Ackermann: „Sie klingen zynisch.“
Rohr: „Mag sein. Aber bei Dieter Bohlen können sich die Talentfreien wenigstens noch selbst vor der Kamera öffentlich blamieren. In der Literatur ist das nicht möglich. Hier sind es die Heerscharen der Selbstberufenen, welche das literarische Angebot über die vielen Selfpublishing-Plattformen zum Tsunami anwachsen lassen. Die an guten Büchern interessierte Leserschaft stößt so auf einen großen Haufen an wirklich schlechter Literatur. Das ist für niemanden förderlich, oder?“
Ackermann: „So habe ich das noch gar nicht gesehen. Können Sie mir denn aber wenigstens verraten, wie ich feststellen kann, ob ich talentiert bin oder nicht? Wie war es überhaupt bei Ihnen?“
Rohr: „Ich erinnere mich, dass es schon sehr früh bei mir mit dem Drang zum Schreiben begonnen hat. Mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Die Frage nach Talent oder Begabung stellte ich mir aber erst später. Ich hatte einen kleinen Roman begonnen und legte ca. 50 Seiten des Manuskriptes einem Bekannten vor, der seinerzeit zu den bekanntesten Journalisten im Springer-Verlag gehörte und der mir wie eine Lichtgestalt in der Literatur vorkam. Heute wissen wir, dass Journalisten derlei eher nicht sein können, aber damals war ich noch voller Hoffnung, er könnte mir den rechten Weg weisen. Er retournierte mir mein auf der Schreibmaschine getipptes Manuskript nach wenigen Tagen mit den Worten: „So einen Mist habe ich lange nicht gelesen.“ Und er schloss mit der Empfehlung, ich sollte lieber Prospekte austragen als die Literaturwelt zu beleidigen.“
Ackermann: „Sie haben sich aber nicht an diesen Rat gehalten.“
Rohr: „Oh, doch. Und zwar einige Jahre. Durch Zufall kam ich dann zur Satire. Ein Redakteur einer Fachzeitschrift, für die ich damals eine Kolumne schrieb, rief mich an und fragte, ob ich für die Weihnachtsausgabe nicht mal etwas anderes schreiben könnte. Er hätte eine ganze Seite frei, und ich sollte mich einfach mal austoben. So schrieb ich meine erste Satire, der noch viele folgen sollten. Die Krönung war eine gemeinsame Lesung mit dem Satiriker Gabriel Laub vor der Hamburger Autorenvereinigung. Ich wurde sogar Mitglied in dieser und beschloss, es dann doch einmal mit einem richtigen Roman zu versuchen.“
Ackermann: „Wenn ich richtig liege, so war das im Jahre 2015 „Das Kontingent“?“
Rohr: „Richtig. Und Sie sehen, ich habe viele Jahre gebraucht, um mich selbst zu überzeugen, dass es etwas werden könnte.“
Ackermann: „Ich darf Ihnen versichern, es ist etwas geworden. Mit sechs veröffentlichten Romanen scheint Ihr damaliger Berater wohl klar danebengetippt zu haben. Und die vielen Menschen, die Ihre Romane lesen, stimmen mir da gewiss zu.“
Rohr: „Ich freue mich über Ihr Urteil.“
Ackermann: „Und ich freue mich auf Ihr nächstes Werk. Vielen Dank für das Gespräch.“
Übersicht aller Romane von Stefan G. Rohr
Das geliehene Glück des Samuel Goldman; ISBN Printbook: 978-3-748524-03-8
ISBN eBook: 978-3-7485-8837-5
Der Funke eines Augenblicks; ISBN Printbook: 978-3-748580-99-7
ISBN eBook: 978-3-7485-5764-7
Am anderen Ende der Sehnsucht; ISBN Printbook: 978-3-754126-21-9
ISBN eBook: 978-3-7531-8853-9
Der Sommer mit dem Krähenmann; ISBN Printbook: 978-3-7485-5413-4
ISBN eBook: 978-3-7485-9043-9
Das Kontingent; ISBN Printbook: 978-3-7427-0040-7; ISBN eBook: 978-3-7380-1094-7
Herr und Untertan; ISBN Printbook: 978-3-7541-2621-9; ISBN eBook: 978-3-7531-8853-9
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