Jeder kennt es, die meisten nervt es und einige merken es gar nicht, dass sie selbst nerven. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht erläutert die Rechtslage.
Ausnahmsweise ist wenig Verkehr auf der Autobahn, kaum LKW oder „Sonntagsfahrer“, die mit 90 km/h das Erlebnis Autobahn genießen. Und trotzdem: obwohl auch die rechte Fahrbahn nahezu durchgängig frei ist, nutzen viele – ausschließlich – die mittlere Fahrbahn und tuckern dort im gemütlichen unteren Geschwindigkeitsbereich Kilometer für Kilometer vor sich hin.
Über dieses – im Übrigen auch rücksichtslose – Verhalten aufgeregte Verkehrsteilnehmer stellen sich dann immer wieder die Frage: Ist das denn überhaupt erlaubt oder kann man dagegen nicht vorgehen?
Grundsatz des Rechtsfahrgebotes
Grundsätzlich gilt auf deutschen Straßen das in § 2 Abs. 2 StVO geregelte Rechtsfahrgebot, also auch auf einer dreispurigen Autobahn – so ADAC-Vertragsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Udo Reissner. Von diesem Gebot gibt es aber zahlreiche Ausnahmen, so der Experte. So dürfen Fahrzeuge auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen in eine Richtung von dem Rechtsfahrgebot abweichen, wenn die Verkehrsdichte dies rechtfertigt, also bei hohem Verkehrsaufkommen. Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf nach der hierfür relevanten Bestimmung in § 7 Abs. 2 StVO sogar rechts überholt werden. In anderen Fällen muss sich der Fahrer nach einem Überholvorgang baldmöglichst wieder auf die rechte Spur einordnen, darf also nicht weiter ohne Grund auf der Überholspur verbleiben.
Sonderregelung für dreispurige Autobahnen
Für die dreispurige Autobahn gibt es nun eine weitere Sonderregelung, die in § 7 Abs. 3 c StVO normiert ist und den Schleichern auf der Mittelspur Argumente für das eigene Verhalten liefert: Auf dreispurigen Autobahnen dürfen Kraftfahrzeuge nämlich abweichend des Rechtsfahrgebots den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Was unter „hin und wieder“ zu verstehen ist, ist nicht nur zwischen den Mittelspur-Schleichern und denjenigen die darüber in Zorn geraten, sondern auch in der Rechtsprechung umstritten. Als Faustregel hat sich ein Wert von „deutlich über 20 Sekunden“ herauskristallisiert, so beispielsweise das OLG Düsseldorf (Az. 2 Ss (OWi)318/89). Könnte ein Fahrer demnach nach einem Überholvorgang deutlich länger, als 20 Sekunden mit gleicher Geschwindigkeit auf der rechten Spur weiterfahren, muss er auch dorthin zurück wechseln. Die Praxis ist das freilich nicht.
Verstöße hiergegen werden im Übrigen mit einer Geldbuße in Höhe von 80 Euro geahndet, darüber hinaus wird ein Punkt in das Fahreignungsregister eingetragen.
Auch wenn immer wieder verärgerte Verkehrsteilnehmer Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot der Polizei melden, scheitert die Verfolgung der Fahrer in der Regel an der Identifizierung, weil für den Verstoß ja nicht der Halter eines Kraftfahrzeugs (der in der Regel anhand des Kennzeichens problemlos ermittelt werden kann) sondern der Fahrer haftet.
Zum Autor: Rechtsanwalt Udo Reissner ist als ADAC-Vertragsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und als Strafverteidiger kompetenter Ansprechpartner für Fragen rund um das Strafrecht, insbesondere das Verkehrsstrafrecht und die damit einhergehenden Probleme, wie beispielsweise ein drohendes Fahrverbot oder ein drohender Entzug der Fahrerlaubnis. Die überörtliche Rechtsanwaltskanzlei Reissner, Ernst und Kollegen betreibt Kanzleien in Starnberg und Augsburg.
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