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Mit wissenschaftlichen Testverfahren beruflichen Erfolg vorhersagen

Beruflichen Erfolg vorhersagen. Für viele Entscheidungsträger in deutschen Führungsetagen könnte dieser Traum schon lange Wirklichkeit sein – zumindest, wenn es um Entscheidungen rund um Stellenbesetzungen geht. Denn es gibt Mittel und Wege, wissenschaftlich begründet und valide, den beruflichen Erfolg von Bewerbern vorherzusagen und sie in diesem Zusammenhang mithilfe evidenzbasierter Forschung und evaluierter Studien zu bewerten. Warum also sträubt sich der gemeine deutsche Geschäftsführer, besonders in kleinen und mittelgroßen Unternehmen, gegen etablierte Methoden und wissenschaftliche Erkenntnisse?

Auf der Spurensuche stößt man in den meisten Führungsetagen auf generelle Ablehnung gegenüber Testverfahren, die im europäischen Ausland und in den USA schon seit Jahrzehnten zum guten Ton gehören. Gründe hierfür sind nur schwer greifbar. Weiterhin beruhen Entscheidungen für und gegen Bewerber auf Bauchgefühl, subjektivem Empfinden, falschen Bewertungsgrundlagen, genereller Sympathie oder auf demografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Herkunft.

Die Folgen sind so bekannt wie problematisch: Fehlbesetzungen, besonders von Fach- und Führungspositionen, können schnell verantwortlich sein für ein schlechtes Arbeitsklima, unzufriedene Mitarbeiter, eine höhere Fluktuation, höhere Kosten in der Einarbeitung, stagnierende Umsätze und regelmäßige Nachbesetzungen. Die Kosten einer Nachbesetzung sind dabei um ein Vielfaches höher als die eines Einsatzes eignungsdiagnostischer Verfahren, vom Faktor Zeit mal ganz abgesehen.

Die fehlende Akzeptanz von wissenschaftlichen Testverfahren wie beispielsweise einem Intelligenz-Test, der bewiesenermaßen eine nahezu identische Aussagekraft zur Vorhersage von beruflichem Erfolg wie ein mehrtägiges und zigfach teureres Assessment Center liefert, könnte ein wichtiger Punkt sein und Grund für die Tatsache, dass lediglich 6% der Befragten in einer Studie (EARSandEYES, 2010) den Einsatz von Intelligenztests im Zuge von Personalauswahlprozessen für sinnvoll halten. Gerade einmal 2% der deutschen Unternehmen nutzen Intelligenztests in Personalauswahlprozessen (Schuler, 2014). Nur zur Verdeutlichung: Unsere direkten Nachbarn, die BeNeLux Staaten liegen hier mit fast 55% deutlich darüber. Zugegebenermaßen sind Studien, die teilweise 10 Jahre alt bzw. älter sind, nicht sonderlich repräsentativ aber sie verdeutlichen die Grundlagen der deutschen Entscheidungspraxis im Ansatz und bieten einen Anhaltspunkt für eine tiefergehende, wissenschaftliche Auseinandersetzung.

Pseudo-wissenschaftliche Testverfahren hingegen erfreuen sich immer wieder großer Beliebtheit: Die Eignung von Bewerbern beispielsweise anhand ihres Sprachgebrauchs oder ihrer Schrift durch vermeintlich intelligente Algorithmen zu bewerten, ist dann in etwa so, als würde man seine Entscheidung durch Kartenlegen begründen oder davon abhängig machen, ob der Aszendent des Bewerbers bei dessen Geburt günstig stand. Das Geheimnis dieser pseudo-wissenschaftlichen Verfahren sind nicht etwa durchgeführte Studien, eine nachvollziehbare Evaluation oder handfeste Gütekriterien (Objektivität / Reliabilität / Validität), sondern bunte Konzepte, smarte App-Anbindungen und findige Verkäufer, denen naive Entscheidungsträger immer wieder auf den Leim gehen.

Man fragt sich also was passieren muss, um echte Wissenschaft wieder sexy zu machen. Vielleicht brauchen Intelligenztests und dergleichen ein neues, buntes Gewand, vielleicht sind diejenigen, die sie verkaufen selbst nicht sexy genug. Deutschland ist in diesem Zusammenhang in jedem Fall ein Entwicklungsland.

Der Nutzen liegt auf der Hand: Durch den sinnvollen Einsatz von Testverfahren wie einem Intelligenztest, einem Persönlichkeitstest, einem Leitungs- oder Konzentrationstest entstehen Vorteile, die, wenn man mal ganz genau darüber nachdenkt, eigentlich schon längst gelebte Praxis und eine Selbstverständlichkeit darstellen sollten. Unternehmen finden Mitarbeiter, die den Anforderungen gewachsen sind, Mitarbeiter werden weder unter- noch überfordert und können entsprechend ihrer Stärken eingesetzt werden. Erfolgskritische Störfaktoren können minimiert bzw. ausgeschlossen werden. Umsätze können gesteigert und Personalbesetzungskosten langfristig verringert werden.

Wie in den meisten Fällen bestimmt auch hier die Dosis das Gift. Eine Testauswertung oder ein damit verbundenes Gutachten über einen Bewerber sollte nie als alleinige Entscheidungsgrundlage für die Besetzung dienen. Zudem sollte immer ein umfangreiches Anforderungsprofil zur Bewertung und relevanter Differenzierbarkeit zur Verfügung stehen. Ein strukturiertes Interview muss darüber hinaus ebenso zu einem festen Bestandteil der Besetzungsstrategie gehören wie eine objektive Prüfung der Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Zeugnisse, etc.). Aufgrund der Tatsache, dass Bewerbungsunterlagen keiner standardisierten Form folgen, ist dies zugegebenermaßen schwierig. Die Einführung eines Biografie-Fragebogens, den alle Bewerber ausfüllen, könnte hier schnell und unkompliziert Abhilfe leisten.

Dass nun die deutsche Unternehmenslandschaft in Personalauswahlprozessen oder im Zuge zielgerichteter Personalentwicklungsmaßnahmen wild drauf los testet, ist leider ebenso unklug wie die Nutzung von graphologischen Gutachten und dergleichen. Wichtig ist, dass die Nutzung, vor allem aber die Interpretation und Einordnung von Testergebnissen, die Erstellung von Gutachten oder die Auswahl von geeigneten Verfahren, denen überlassen wird, die sich damit auskennen. Punktuell geschulte Mitarbeiter in der Personalabteilung können an dieser Stelle bereits für einen langfristigen Mehrwert innerhalb der Rekrutierungsprozesse sorgen. Auch die projektbasierte Konsultation von spezialisierten (Wirtschafts-) Psychologen sorgt für schnelle und kompetente, aber vor allem für belastbare Entscheidungsgrundlagen.

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